Norwegen – Mit Sack und Pack auf dem Olavsweg Teil I

Norwegen – Mit Sack und Pack auf dem Olavsweg Teil I

Wie wir Euch im letzten Blogeintrag berichtet haben, packten wir unsere Rucksäcke samt Zelt und Zubehör und nahmen am 13. Juli den Zug nach Lillehammer. Von hier sollte unser dreiwöchiges Abenteuer auf dem alten Pilgerpfad beginnen. Wir waren guter Dinge und wahnsinnig auf die Wandertour gespannt.

Tag 1


Wir stiefelten also los, um uns zunächst an der Kirche von Lillehammer unseren ersten Stempel im Pilgerpass zu holen und unsere Wasserreserven aufzufüllen. Dort „platzten“ wir in eine Hochzeit, aber zum Glück war deshalb die Kirche geöffnet und wir fanden, wonach wir suchten. Kurz danach beobachteten wir eine junge Küsterin, die große Schwierigkeiten hatte, die schwere Kirchentür zu schließen und eilten ihr zu Hilfe, womit wir uns für Stempel und Wasser revanchieren konnten.
Wir stellten relativ schnell fest, dass der Wanderweg sehr viel auf asphaltierten Wegen und immer in der Nähe der Bundesstraße E6 verläuft, was uns aufgrund des Großraums Lillehammer erstmal nicht sehr wunderte. So hofften wir auf bessere Tage und fanden nach zwölf heißen und durch unser schweres Gepäck anstrengenden Kilometern auf dem Tjodveigen eine nach vorne hin offene Schutzhütte (Gapahuk), welche neben einem kleinen Tischchen über ein Bett aus Paletten verfügte. Dort ließen wir uns also für den heutigen Abend nieder und verschlangen unser köstliches, nahrhaftes Outdoorgericht. Zuvor wuschen wir uns sowie die Kleidung in einem Bach, totale Outdoor-Romantik (inklusive Mücken) 🙂

Als wir sowohl körperlich als auch mental soweit waren, unser Lager aufzuschlagen, entdeckten wir zwei Wespen, die regelmäßig unter das Bett und nach einigen Augenblicken wieder hinaus flogen. Deedee schöpfte den Verdacht, dass die Insekten wohlmöglich ein Nest bauen, und inspizierte die Lagerstätte etwas genauer mit der Taschenlampe.
Und tatsächlich entdeckte er dort ein Hühnerei großes Nest, welches sich direkt am Kopfende befand.

Nach langen Überlegungen und Abwägungen – wir wollten die schöne Hütte ungern verlassen – dachten wir an „safety first“ und sattelten widerwillig auf, um noch mehrere Stunden auf der Suche nach einer guten Zeltmöglichkeit durch den Wald zu laufen. Aber das konnten wir im Vorfeld natürlich noch nicht wissen. Ein Glück, dass die Tage in Norwegen derzeit so lang sind! Wir gelangten zum „Wasserfall der Verliebten“, doch nach einem romantischen Feeling war uns beiden nicht zumute.
Und so kamen wir, der Verzweiflung nah, um 23 Uhr an eine Kuhweide, die offensichtlich nicht in Betrieb war und beschlossen kurzerhand, mangels Alternativen, dort unser Zelt aufzuschlagen. Einige hundert Meter über uns feierten Menschen in ihrem Haus eine wilde und laute Party und die Mücken frassen uns beim Zeltaufbau. Was für eine erste Nacht! Da der Boden nicht ganz eben war, rutschten wir die ganze Nacht mit unseren glatten Schlafsäcken auf den glatten Isomatten im Zelt rum. An erholsamen Schlaf war nicht zu denken!

Hier noch einige Bilder vom ersten Tag unserer Wanderung:

Tag 2

Am späten Morgen war die „Nacht“ zu Ende und wir übten uns darin, das Zelt möglichst klein zu verpacken. Nach einem stärkenden Instant-Kaffee und ein bisschen Wasa Knäckebrot mit Käse aus der Tube (mjami) ging es für uns Vagabunden weiter. Wir fragten uns, wie wir die 17 km bis zur nächsten Schutzhütte (mit Bett) in diesem Zustand schaffen sollen. Bereits nach vier Kilometern machten wir Rast an der Pilgerherberge „Moe Gard“ und tranken da „richtigen“ Kaffee. Es gab einen Stempel und Plauderei mit der Hausherrin. Wir erzählten ihr auch von dem Wespennest, woraufhin sie sofort den Besitzer kontaktierte und er versicherte, das Ungeheuer da sofort zu entfernen.
Gestärkt wanderten wir weiter, immer entlang des Gudbrandsdalen mit Blick auf den Lågen und erreichten nach vielen Höhenmetern die Schutzhütte „Stalsbergsvea“.

Dort fanden wir bequeme Betten vor und noch etwas viel Besseres: Kekse!!! Auf einem Regalbrettchen standen einige Lebensmittel, die käuflich erworben werden konnten. Wir kochten uns das übliche Trockenfutter und tranken Tee. Da die letzten Meter zur Hütte durch dichten Wald verliefen, warteten die Plagegeister in Form von penetranten Mücken auf uns. So mussten wir fast einen ganzen Kilometer steil bergauf in einem Sprint-ähnlichen Tempo zurücklegen. An viel mehr als die nötigste Fuß- und Mückenstichversorgung war an diesem Abend nicht mehr zu denken.
Dann mal „god natt“!

Tag 3

Das mit dem „erholsam schlafen“ müssten wir definitiv mal lernen. Und so ging es für uns, mal wieder müde und „verballert“, weiter. Wir planten, eine gemütliche Etappe zurückzulegen, die uns zum nur 12 km entfernten Campingplatz führen sollte. Unterwegs, es ging ausnahmsweise mal etwas über einen Trampelpfad und nicht über Schotter- oder Asphaltstraße, fanden wir Walderdbeeren und sammelten diese fleißig für einen gesunden Snack und Vitaminschub. Äußerst köstlich!

Und tatsächlich war der Anteil an Wald- und Wiesenwegen an diesem Tag erfreulich hoch. Scheinbar ging es endlich ins Outback 🙂 In einem Wald kamen wir plötzlich an einem verlassenen Haus vorbei. Ein paar Scheiben waren eingeschlagen und die vordere Tür war mit mehreren Vorhängeschlössern gesichert. Was man von Aussen so sehen konnte, so war das Haus Innen noch sehr gut in Schuss. Es konnte also noch nicht allzu lange verlassen sein. Als Vicky die Hände an die Scheibe der Haustür legte, um besser hineinspähen zu können, sprang die Tür plötzlich auf! Was für ein Schock! Wir beschlossen aber, nicht ins Haus hineinzugehen, da es ja sicherlich noch jemandem gehörte und wir vorbildliche Pilger sind 😉

Kurz vor dem Campingplatz kamen wir noch zu einer laut Wanderführer „baufälligen“ Brücke. Das Büchlein ist zwar erst ein Jahr alt, aber von der schweren Steinbrücke war schon Nichts mehr übrig, ausser einem Steinhaufen. Die Kommune hatte sie wohl kurzerhand abgerissen. Auf dem Foto kann man das Fundament der Brücke noch gut erkennen:

Unter Einsatz unseres Lebens überquerten wir die stark befahrene E6 und bauten bei Ankunft unser Zelt direkt am Ufer des Sees Losna auf.

Das sieht auf dem Foto sehr idyllisch aus, aus einem anderen Blickwinkel hätte man allerdings auch gesehen, dass die E6 nur ca. 100 m neben unserem Zelt vorbei rauschte. Wir erwarteten schon sehnlichst den Tag, an dem wir endlich von der E6 weg kommen würden.
Da Vicky gelesen hatte, dass man für Burger und Pommes auf dem Olavsweg gut und gerne mal 350 Kronen bezahlen kann und es hier zwei Portionen Burger mit Pommes zusammen für 230 Kronen gab, ergriffen wir die Chance und bestellten uns eben diese. Zugegeben, wir haben schon bessere und vor allem auch weniger verbrannte Burger gegessen, aber naja, das Pilgerleben ist nicht immer nur Spaß 😉 Auf das 8-Euro-pro-Nase-Bier verzichteten wir dankend, wenn auch schmachtend.
Mit vollem Bauch ging also der dritte Tag unserer Wanderung zuende.

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