Nordirland – Eine Reise in die Geschichte
Wie schon in Irland dem „Wild Atlantic Way“, folgten wir in Nordirland der „Causeway Coastal Route“, von der wir vorher nichtmals wussten, dass es sie gibt. Das ist eine Route, die immer direkt an der Atlantikküste verläuft. Aber dazu später mehr. Zuerst lag die Stadt Derry / Londonderry / Stroke City auf unserer Route. Wieso die Stadt drei Bezeichnungen trägt und meist mit zwei Namen ausgeschildert ist, nämlich „Londonderry / Derry“ war uns bis zu unserem Besuch dort nicht bewusst, obgleich wir uns schon ab und zu gewundert hatten. Kurz vor dem Erreichen der Stadt machten wir eine kleine Internetrecherche, um uns einen Einblick in die Geschichte der Stadt während der Zeit des Nordirlandkonflikts zu verschaffen. Zwar waren uns einige Begriffe wie die IRA aus den Nachrichten während unserer Jugend bekannt, und viele von Euch werden sicherlich den Song „Sunday Bloody Sunday“ von U2 kennen, aber was genau da los war, davon hatten wir keine Ahnung. Uns hat die Geschicht mega gefesselt und wir können Jedem nur ans Herz legen, sich die Geschichte mal zu Gemüte zu führen. Im Internet findet man viele Quellen dazu.
Das Zentrum von Londonderry / Derry ist bis heute komplett von einer Mauer umgeben. Die Tore nach außen sind allerdings offen, sodass man von hier leicht in die äußeren Viertel der Stadt, die sogenannte „Bogside“ gelangen kann. Während die Innenstadt wie ein süßes kleines Städtchen erscheint, kann man die Geschichte Nordirlands, die sogenannten „Troubles“, außerhalb der Stadtmauer geradezu fühlen. Die Wandmalereien („Murals“) beschäftigen sich mit dem Konflikt und sehr stark mit dem „Bloody Sunday“, der sich hier in der Bogside ereignet hat, und sind allgegenwärtig. Auch weniger künstlerische politische Äußerungen sind an jeder Straßenecke zu finden. Obwohl der Konflikt mit dem Karfreitagsabkommen (Good Friday Agreement) 1998 offiziell beigelegt wurde, ist geradezu fühlbar, dass die Bewohner sich hier sehr stark mit der Geschichte und der aktuellen Politik beschäftigen. Das was wir sahen, berührte und bedrückte uns so sehr, dass wir das „Museum of Free Derry“ besuchten, um noch tiefer in die Thematik einzutauchen. Wir wollen hier keine politische Stellung beziehen. Wer interessiert ist, den wollen wir nochmal auf die vielfältigen Quellen im Internet verweisen. Von uns gibt es jetzt nur kommentarlos einige Fotos der Murals aus der Bogside.
Wie anfangs erwähnt folgten wir dann der Küste weiter Richtung Osten bis nach Belfast. Wir besuchten unter anderem die touristischen Highlights wie den „Giants Causeway“, das Dunluce Castle, die Hängebrücke „Carrick-a-Rede Rope Bridge“ und Weiteres. Wären wir „Game of Thrones“ Fans, hätte uns der Weg vermutlich mehr begeistert, denn man kommt hier an diversen Drehorten der Serie vorbei. Insgesamt fanden wir es hier etwas weniger spannend, als den Wild Atlantic Way zuvor in Irland. Zudem muss man hier für viele Dinge einen saftigen Eintritt zahlen. Der „Giants Causeway“ kostet z.B. 19 Pfund pro Person(!), wenn man dort parken möchte. Alternativ kann man dort mit dem Bus hinfahren und muss dann nur die Busfahrt zahlen, oder man wandert dorthin. Wir hingegen haben in der Nähe unser Nachtlager aufgeschlagen und sind dann nach Feierabend nochmal hin gefahren. Ein paar Eindrücke gibt es trotzdem 😉
Da uns die Geschichte Nordirlands in Derry / Londonderry so gefesselt hat, sind wir in Belfast dann weiter auf die Suche nach den Spuren der Troubles gegangen und haben einen Trip entlang der „Wall of Peace“ gemacht. Es mutet natürlich etwas seltsam an, ein Bauwerk in der Art und Funktion der Berliner Mauer „Friedensmauer“ zu nennen, aber gut. Gebaut wurde sie, um über viele Kilometer die Viertel der fast ausschließlich protestantischen Unionisten von denen der konservativen Katholiken zu trennen, denn diese beiden Gruppen bekriegten sich bis aufs Blut und legten zum Teil ganze Straßenzüge der anderen Viertel in Schutt und Asche. Auch hier gibt es Wandmalereien. Wir wollten beide Seiten der Mauer anschauen, standen dann aber vor großen, schwer gesicherten Toren, die verschlossen waren. Wir hatten eigentlich gehört, dass die Tore seit langer Zeit geöffnet sind. Es war ein seltsames Gefühl, hier nun vor diesem unüberwindbaren Hindernis zu stehen. Wir sprachen einen Taxifahrer an, weshalb die Tore denn zu seien. Dieser antwortete ziemlich schroff, dass „wir“ (die Stadteile) nicht zusammen wachsen wollen, und, dass es gut sei, wie es ist. Da waren wir erst einmal baff und dann bedrückt. Ein Busfahrer, der deutlich netter auf unsere Unwissenheit reagierte, erklärte uns später, dass die Tore nur von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens und an Sonn- und Feiertagen ganztägig geschlossen seien. Da wir beide Seiten der Mauer sehen wollten, sind wir am nächsten Tag dann mit dem Auto um die Absperrung herum gefahren, um auch von dort Eindrücke zu sammeln.
Hier nun wieder die politisch korrekt kommentarlosen Bilder der Murals aus Belfast.
Am nächsten Tag – es war ein Montag – versuchten wir erneut unser Gasproblem zu lösen. Das Problem bestand darin, dass unsere kleine 5 kg Gasflasche sich dem Ende neigte und wir keine Stelle finden konnten, sie füllen zu lassen. Natürlich hatten wir uns vorher schon mit dem Thema Gasversorgung beschäftigt. Da wir das Gas ausschließlich zum Kochen benutzen, haben wir mit einem Verbrauch von ca. zwei bis drei Monaten pro Füllung gerechnet. Das kam auch ganz gut hin. Allerdings haben wir an mehreren Stellen gelesen, dass man die Deutschen Flaschen auch in Irland füllen lassen kann. So grasten wir schon seit einigen Wochen in Irland einen Gashändler nach dem Anderen ab, aber wo wir auch hinkamen, gab es immer die gleiche Antwort: „Ja, wir haben die Flaschen gefüllt, aber seit einiger Zeit füllen wir nicht mehr selber. Wir tauschen nur noch leere Flaschen gegen Volle. Aber nur die Britischen. Versucht es doch mal bei xyz.“ Aber auch xyz sagte uns immer nur genau dasselbe 🙁 Nachdem wir die letzte etwas größere und vielversprechende Station in Ballina angesteuert hatten und auch dort erfolglos blieben, sagte uns der nette Herr der FloGas Niederlassung, dass in ganz Irland nur noch in Belfast gefüllt wird. Alle anderen Servicecenter tauschen nur noch und bekommen die gefüllten Flaschen von dort. Er hat uns dann extra noch die Adresse in Belfast aufgeschrieben. Nach einem Schütteln unserer Flasche mit geübter Hand prophezeite er uns, dass wir es so gerade noch die vier Tage bis dorthin schaffen könnten. So steuerten, wir in Belfast angekommen, als erstes diese Adresse an. Es war jedoch ein Samstag Nachmittag und die Arbeiter waren bereits im Wochenende. Kein Problem, da unsere Fähre sowieso erst Montag Nacht ging, fuhren wir also am Montag einfach nochmal hin. Am Zaun begrüßte uns der Sicherheitsmann freundlich. Und er sprach die goldenen Worte: „Ja, wir füllen Eure Deutsche Flasche hier.“ Und wir so: „Juhuuuu!“. Und er sprach weiter: „…aber nicht heute. Heute ist Feiertag in Nordirland, kommt morgen wieder.“ Hahahaha, leicht gesagt, aber unsere Fähre fuhr ja in der Nacht 🙁 Also zogen wir etwas betrübt mit unserer fast leeren Gasflasche von dannen… mal wieder.
Wenigstens konnten wir ein anderes Problem am Bulli in Belfast lösen: der Schalter des Wasserhahns am Waschbecken hatte den Geist aufgegeben. In einem etwas außerhalb liegenden Caravan-Shop fanden wir leidlichen Ersatz: nicht ganz gleiche Abmessungen und farblich nicht wirklich ansprechend, aber in der Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen.
Später am Tag beschlossen wir uns ein wenig die Touristendröhnung zu geben. Wir fuhren ins Titanic-Quarter. Denn hier steht das Titanic-Museum. Denn die Titanic wurde ja nun mal hier in Belfast gebaut. Da es ja, wie morgens leidvoll gelernt, ein Feiertag war, war scheinbar auch ganz Belfast zusätzlich zu den vielen Touristen auf die Idee gekommen, ins Titanic-Museum zu gehen. Es war voll und ein Gewusel, wo man auch hinblickte. Dieser Ameisenhaufen von Menschen, die hemmungslose Verkonsumierung des Schiffes (und des Unglücks) und der saftige Eintrittspreis haben uns dann dazu bewegt, statt in das Museum zugehen einen kleinen Hafenspaziergang zu machen. Das war auch schön 😉 Und 38 Pfund gespart, die man z.B. wunderbar in Eis investieren kann 😀
Nachts ging es dann reibungslos mit der Fähre von Belfast nach Cairnryan, wo uns Schottland mit wundervollstem Wetter begrüßte. Dass dies eine hinterlistige Täuschung war, sollten wir schon bald feststellen. Aber alles zu seiner Zeit.
Wir sind inzwischen schon lange in Schottland, haben die „Scotland NC 500“ hinter uns, den Ben Nevis bestiegen und residieren derzeit auf der „Isle of Skye“. Bald geht es für uns schon über Holland, good old Germany und Dänemark nach Skandinavien. Über unsere Abenteuer in Schottland berichten wir im nächsten Blogeintrag.
Bis dahin alles Liebe!