England – Snowdonia
Für die Reise Richtung Snowdonia National Park hatten wir einen wirklich schönen Campingplatz direkt an einem See gefunden. Leider stellte sich bei Ankunft heraus, dass der Platz nur für Mitglieder irgendeines Scout-Clubs ist. Danke Google ;( Also droven wir weiter und fanden viel coolere Seen, an denen wir eine kleine Rast einlegten, versuchten, Hermis gut in Szene zu setzen und eine spannende Begegnung mit Roy machten, einem 71 jährigen Britischen T3 Fahrer, der schon mit 21 Aussteiger wurde und in den letzten 50 Jahren die ein oder andere interessante Geschichte erlebt hatte, an denen er uns gerne teilhaben ließ 😉
Beim zweiten Campingplatz, der wieder einer kleinen Farm angeschlossen war, hatten wir dann Glück. Nicht nur, dass die Duschen gratis waren, nein, man durfte sogar Feuer machen. Und es gab genügend Bäume, um eine Hängematte aufzuhängen! Oh my goodness: How nice is that then!?! Also haben wir fix geduscht, die Hängematte aufgespannt, lecker gekocht, Holz gesammelt und dann kam es zu einem maskulinen Spektakel, bei dem das Testosteron nur so übersprühte: Deedee hackte Holz mit der Axt, die er von Tina geschenkt bekommen hatte. Und anschließend entzündeten wir das Feuer mit nur einem kleinen Stückchen Papier an. Also noch mehr Abenteuer ist jawohl kaum möglich 😀 😉 😀
Dann gab es Bier und Gitarrenmusik zum Knistern des lodernden Feuers. Poetisch!
Von unserem Stellplatz konnten wir eine schon recht imposante Bergkette sehen, die Cader Idris, die mit ihrem höchsten Gipfel, dem Pen-y-Gader, schön felsig und zerklüftet aussah. Klar, dass wir da hoch wollten. Dummerweise war für den nächsten Tag Regen und Gewitter angesagt, sodass der Farmer uns sagte, dass wir auf keinen Fall da hoch sollen. Also beschlossen wir den Wetterbericht des nächsten Tages abzuwarten. Leider hatte sich Nichts an der Vorhersage geändert, sodass wir einen Tag Pause einlegten und uns das nahe Städtchen Dolgellau ansahen.
Tags drauf sah das Wetter schon etwas besser aus: es sollte zwar Regenschauer geben, aber wahrscheinlich kein Gewitter. Also ließen wir es drauf ankommen und stiefelten zeitig los. Der Weg hoch war nur ca. 5 km lang, aber auf dieser Strecke erlebten wir wettertechnisch mehr, als wir erwartet hatten: warme Sonne, laues Lüftchen, leichter, sowie starker Regen, kräftiger Wind, dann auf einmal Hagel und Schnee mit starken Sturmböen. Und das Alles im viertelstündlichen Wechsel. Naja, wenigstens ein Gutes hatte der Regen: über dem Bergsee tauchte auf einmal ein schöner Regenbogen auf. Man muss ja immer das Positive sehen 😀 Richtung Gipfel wurde es dann plötzlich unwahrscheinlich kalt. Wir sahen den Atem vor unseren Schnuten und unsere Hände mutierten zu Eisklötzen. Der Weg bekam richtig alpinen Charakter und des Öfteren mussten wir mit Händen und Füßen Kraxeln. Die Ankunft auf dem Gipfel konnten wir nicht wirklich lange genießen, da der Wind so stark war, dass es kaum möglich war ein gescheites Foto zu schießen, da man nicht ruhig stehen konnte. Zum Glück fanden wir eine kleine Schutzhütte, in die wir uns verkrochen. Hier war es zwar windstill, aber nicht weniger eisig. Unsere Hände waren so eingefroren, dass wir nur mit Mühe unsere Rucksäcke öffnen und das Futter rausholen konnten. Wie schade.
Relativ bald machten wir uns deshalb an den Abstieg und träumten vom Bulli mit Standheizung. Der Rückweg war zum Glück fast regenfrei und nicht so stürmisch.
Unserer weiterer Weg führte uns am demselben Tag in den Norden von Wales, zum höchsten Gipfel von England, dem wunderschönen und häufig unter Nebel vergrabenen Snowdon.
Wir suchten uns Unterschlupf auf einer kleinen Farm, die für einen Tenner eine Parkmöglichkeit bot und über eine kleine Küche sowie Duschen mit heißem Wasser verfügte. Braucht ein müder Wanderer mehr?
Neben uns machten sich einige mutige Bergsteiger daran, ihre Zelte aufzubauen oder versuchten, diese vor dem Wegfliegen zu retten. Bei dem immer mehr aufkommenden Starkregen und dem böenartigen Wind empfanden wir großen Mitleid mit ihnen. Wir selbst verkrochen uns mit Gasflasche und Kocher in den Küchen-/Duschraum, da das Kochen draußen bzw. im Bulli aufgrund des Wetters nicht möglich war.
Die Nacht verbrachten wir zwar trocken und warm, allerdings wurde der Bulli so stark vom Wind durchgeschüttelt, dass an einen erholsamen Schlaf nicht zu denken war.
Am nächsten Tag machten wir uns fertig für die Weiterreise nach Llanberis, einem kleinen Städchen am Fuße des Snowdon. Das Wetter machte uns leider einen Strich durch die Rechnung, endlich den Snowdon zu besteigen. Also waren wir gezwungen, einen weiteren Tag zu pausieren. So ein fauler Bulli Tag kann aber auch ziemlich entspannend sein und hilft, neue Kräfte für neue Abenteuer zu sammeln:) Wir verkrochen uns mit Buch, Bier und Gitarre in unser gemütliches Bett, lauschten dem sanften Fluss des naheligenden Baches und starrten in den Himmel, in der Hoffnung, dass sich die dunklen Wolken bis zum morgigen Tag verziehen würden. In dieser Nacht standen wir frei, schliefen gut und ausgiebig und waren am nächsten Morgen totally starklar für den Aufstieg auf den Snowdon!
Sechs unterschiedliche Routen bringen Wanderer und Bergsteiger auf den Gipfel, sodass sportliche und unsportliche, mutige und ängstliche, Einsamkeit liebende und Menschenmassen liebende Naturfreunde die passende Route für sich finden können. Wir entschieden uns für den Pyg Track, einem Bergweg mit „Gruselfaktor“ 5 von 10. (Wer sich gern mal den „Gruselfaktor“ 10 von 10 anschauen möchte, kann ja mal bei Youtube nach „Snowdon Crib Goch“ suchen.)
Unser Track startet am Pen-y-Pass, einem großen Parkplatz, von welchem zwei weitere Tracks starten.
Aufgrund unserer morgendlichen Rituale (Deedee verbringt einfach zu viel Zeit vor dem Spiegel), ging unser Plan, um 8 Uhr aufzubrechen, leider mal so gar nicht auf. Als wir am Parkplatz ankamen, war dieser brechendvoll und wir mussten uns spontan was anderes suchen. Etwa zwei Kilometer vom offiziellen Start der Wanderung entfernt gibt es einen weiteren kleinen Parkplatz, wo wir noch ein Fleckchen ergattern konnten.
Endlich konnte es losgehen!!!
Der Track startete mit einem schönen Anstieg durch Wiesen entlang eines Bergrückens und führte dann oberhalb zweier Seen auf schotterigen Pfaden weiter. Nach einer Weile kommt man um einen Vorsprung herum und sieht zum ersten mal den wirklich imposanten Gipfel. Was für ein Anblick! Wunderschön, aber auch respekteinflößend. Der Weg verläuft gegenüber des Gipfelmassivs und mündet dann in einem knackigen Anstieg über Felsen zur Scharte. Hier begegnete uns auch bereits der erste Schnee. Auch hier wurde es richtig kalt, je höher man kam. Aber diesmal waren wir vorbereitet: mit ausreichend Kleidungsschichten, Handschuhen und Mütze trotzten wir dem rauen Klima. Die letzten Meter zur Scharte hoch verlangten einem nochmal einiges an Mut und Kondition ab, von da aus ist es eigentlich ein Spaziergang zum Gipfel. Hier treffen auch die anderen Tracks aufeinander, sodass es ab hier voll wird auf dem Weg. Zugegeben: was sollte man erwarten, wenn man auf einem Sonntag auf einen begehrten Berg geht (höchster Berg Englands), der noch dazu nach einer längeren Regenzeit mit einer guten Wettervorhersage lockt? Dementsprechend gestalteten sich dann auch die letzten Meter bis zum Top. Viele Wanderer trotteten die großen Felsstufen hoch. Auf dem Gipfel steht ein kleines Plateu, auf das man über eine Treppe gelangt. Wir glaubten unseren Augen nicht, aber hier standen die Leute schon in einer Schlange an!! Das war uns dann endgültig zu viel. Zudem gibt es dort oben, direkt am Gipfel, die Bergstation einer Zahnradbahn. Dieses Gebäude wird mit Hilfe von Dieselgeneratoren mit Strom versorgt, welche ihre Abgase schön in die Luft pusten. Das ‚erhebende Gefühl einer Gipfelbesteigung‘ war damit endgültig weggeblasen. Diese Menschen, muss das denn wirklich sein?! Somit machten wir uns mit sehr gemischten Gefühlen auf den Rückweg. Obwohl wir uns selbst natürlich auch als Touristen betrachten, war der Ansturm auf den Berg für uns sehr erschreckend und betrübte das Naturerlebnis immens. Anstatt sich umzusehen, die Natur auf sich wirken zu lassen, sich auf ihre Schönheit einzulassen, sie einzuatmen, zu hören, zu tasten, wurde unser Fokus in Richtung der strömenden Masse gelenkt, auf ihre lauten Gespräche und ihr Lachen. Wir waren mehr damit beschäftigt, auf den „Verkehr“ zu achten, als auf unsere Füße. Wir waren genervt von den Turnschuh-Trägern, die mehrmals fielen, da sie an den glatten und nassen Felsen und Steinen ausrutschten. Wir waren genervt, an den schönen Rastplätzen an den Bergseen Müll vorzufinden. Der Respekt vor der Natur scheint erloschen, sobald sie zur Massenbespaßung benutzt wird. Als wir schon auf halbem Weg runter waren, sahen wir noch, wie ein Rettungshubschrauber zur Scharte hoch flog, um dort einen Verunglückten zu retten.
Wie immer gibt es jetzt noch ein paar Fotos, während wir uns auf den Weg nach Manchester machen.
stay tuned und tüdelüh
Viktoria und Daniel